Gegen die Erben Mussolinis

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Modena ist außerhalb Italiens bekannt als die Stadt, in der die berühmten Ferrari-Sportwagen gebaut werden. Doch für Italiener, vor allem für Linke, ist Modena auch die »rote Stadt«, sie war ein Zentrum des antifaschistischen Widerstands in den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs.

Am 28. Oktober vergangenen Jahres versuchten Neofaschisten der Partei Fiamma Tricolore, eine Versammlung in einem Hotel in Modena abzuhalten. Sie wollten Benito Mussolinis »Marsch auf Rom« gedenken und »Kriegsverbrechen« anprangern, die antifaschistische Partisanen angeblich begangen haben. Fiamma Tricolore ist eine besonders widerwärtige Partei der extremen Rechten, die offen Mussolini verehrt und dessen »So­ziale Republik Italien« als Staatsmodell feiert. Die Partei bemüht sich, vor allem junge Menschen für den Faschismus zu begeistern. Sie gehörte zeitweilig zu Silvio Berlusconis Koalition »Haus der Freiheiten«, unter den Sprechern auf der Versammlung im Oktober war ein Lokalpolitiker, der Berlusconis Partei angehört.

Doch die Veranstaltung in Modena verlief nicht ungestört, Gewerkschafter, Kommunisten und andere Antifaschisten protestierten. Sie wurden von der Polizei angegriffen. 14 Protestierende wurden festgenomen, unter ihnen Matteo Parlati, ein junger Ferrari-Arbeiter und Betriebsrat der Gewerkschaft Fiom-CGIL. Parlati wird Widerstand gegen die Polizei vorgeworfen, überdies soll er »moralische Verantwortung« für die Gewalt tragen. Videoaufnahmen zeigen jedoch, wie er von einem Polizisten geschlagen wird. Teilnehmer der neofaschistischen Versammlung wurden nicht behelligt.

Nach Angaben Parlatis und anderer Antifaschisten zeigen Staatsanwälte und Richter Sympathie für die Neofaschisten, auch wenn sie sich sich nicht offen dazu bekennen können, da die nach 1945 verabschiedeten Gesetze die Wiedergründung einer offen faschistischen Partei verbieten. Die Behörden versäumten es nicht, das Management von Ferrari darüber zu informieren, dass Parlati festgenommen wurde und ihn ein Prozess erwartet.

Er muss sich täglich auf einer Polizeiwache in Modena melden, dies erschwert sein Arbeitsleben und macht es ihm praktisch unmöglich, die Stadt zu verlassen. Das bedeutet auch, dass er seinen Aufgaben als Gewerkschaftsfunktionär nicht nachkommen kann, während seine Gewerkschaft in einen Streit von nationaler Bedeutung mit Fiat verwickelt ist. Parlati wird von seiner Gewerkschaft unterstützt, die über Labour Start eine globale Online-Kampagne begonnen hat, um die Behörden von Modena zu zwingen, die Klage fallenzulassen. Viele Gruppen der italie­nischen Linken setzen sich ebenfalls für Parlati ein, auch der Partito della Rifondazione Comunista (PRC), dessen Mitglied er ist. Doch andere sind vorsichtiger, sie wagen nicht, sich in die Tradition der antifaschistischen Widerstandskämpfer zu stellen.

Es geht im Fall Parlati nicht allein um die Verteidigung eines Aktivisten, sondern auch um den Kampf um die historische Erinnerung. Die Faschisten der Fiamma Tricolore versuchen, die Partisanen, die während des Zweiten Weltkriegs gegen Mussolini kämpften, als Kriminelle und Terroristen darzustellen. In einer Stadt wie Modena, in der so viele Antifaschisten getötet wurden, ist eine Veranstaltung zu Ehren der faschistischen Mörder besonders provokativ.